Juristendeutsch

Geliebt wurde die Gesetzes- und Juristensprache wohl noch nie. Nicht nur die doppelten Verneinungen und die langen Schachtelsätze verwirren. Kompliziert wird es vor allem auch dann, wenn Begriffe aus der Alltagssprache im juristischen Zusammenhang eine besondere Bedeutung bekommen.

Hier gibt es ein bisschen Insider-Wissen.

 


grundsätzlich

Wenn Sie das Wort „grundsätzlich“ im Alltag gebrauchen, dann wollen Sie damit ausdrücken, dass für Sie etwas fest steht und es davon keine Abweichung gibt. Aus Prinzip und ausnahmslos sind Sie der Überzeugung, dass … Wenn Sie etwas grundsätzlich ablehnen, dann möchten Sie auf gar keine Fall, dass …

Darüber hinaus hat das Wort „grundsätzlich“ im allgemein auch noch die Bedeutung von wesentlich, wichtig, zentral  oder ausschlaggebend. Bevor Sie sich mit den Details beschäftigen wollen, möchten Sie zunächst einmal grundlegende/grundsätzliche Fragen klären.

Die Juristen dagegen drücken mit dem Wort „grundsätzlich“ aus, dass etwas die Regel ist und es von dieser Regel Ausnahmen gibt. Der Grundsatz ist für die Juristen die Basis, der Ausgangspunkt und davon ausgehend gibt es Abweichungen und Ausnahmen.


Handlungsfähigkeit

Jeder Mensch ist Träger von Rechten und Pflichten. Mit anderen Worten, jeder Mensch ist Rechtssubjekt. Das Baby, der hochbetagte Heimbewohner, der schwerst geistig behinderte Mensch, der Fußballprofi oder die Fallschirmspringerin, sie alle sind rechtsfähig.

Bei keinem dieser Menschen hegen Sie Zweifel, dass sie handeln und agieren können.

Der Jurist sieht das als Mensch zwar auch so, doch ist beispielsweise das Baby für ihn im Rechtssinne nicht „handlungsfähig“. Bei manch anderem zweifelt er vielleicht an der „Handlungsfähigkeit“. Denn „Handlungsfähigkeit“ im juristischen Sinne ist die Fähigkeit, durch eigenes Handeln Rechtswirkungen hervorrufen zu können.

Ist ein Mensch nicht „handlungsfähig“, dann braucht es einen rechtlichen Vertreter. Beim Baby sind es in der Regel die Eltern; beim hochbetagten Menschen ist es der erforderlichenfalls bestellte rechtliche Betreuer.

Gesetzlich geregelte Kategorien der „Handlungsfähigkeit“ sind unter anderem die Geschäftsfähigkeit, die Deliktsfähigkeit, die Verschuldensfähigkeit, die Testierfähigkeit und die Ehefähigkeit.


Person

Im Alltag wird das Wort „Person“ mit dem Bild eines vernünftigen, selbständigen und selbstbewussten einzelnen Menschen assoziiert. Es wird auch als Hervorhebung dafür benutzt, dass jemand in eigener Person, persönlich etwas tut, in Abgrenzung zum Handeln seines Boten, Gehilfen oder Stellvertreters. Und es wird verwendet, um Eigenarten oder Persönlichkeitsmerkmale hervorzuheben; zum Beispiel „eine nette Person“. Psychologen gebrauchen das Wort „Person“ auch als Synonym für das Individuum.

Verwenden die Juristen das Wort „Person“, dann denken sie das Synonym „Rechtsträger“, also Träger von Rechten und Pflichten, mit. Und Rechtsträger bzw. Rechtssubjekt kann nicht nur eine natürliche Person, das heißt der Mensch sein, sondern auch eine juristische Person. Rechtsfähige juristische Personen sind beispielsweise eine Aktiengesellschaft, ein Landkreis, eine Stiftung kirchlichen Rechts oder ein eingetragener Verein, wie der   Evangelische Landesverband für das Betreuungswesen e.V.

Für juristische Personen agieren letztlich Menschen. Bei einem Verein sind dies der Vorstand und die Mitgliederversammlung. Der Vorstand ist ein „Organ“ des Vereins und macht ihn im Rechtsverkehr „handlungsfähig“.