Rechtliche Betreuung und Bevollmächtigung

 

Unsere Verfassung, das Grundgesetz (GG) der Bundesrepublik Deutschland, basiert auf dem Bekenntnis zur Menschenwürde, zur Würde des Menschen. Der Staat, der um des Menschen willen da ist, hat diese Menschenwürde zu achten und zu schützen.

Da jedem einzelnen Menschen die Menschenwürde zu eigen ist, hat der Staat sowohl die Gleichheit der Menschen als auch die Freiheit des einzelnen Menschen, sich selbst zu bestimmen und sich und die Umwelt zu gestalten, zu achten und zu schützen.

Ist der Mensch bzw. die Menschenwürde dem Staat sozusagen „vorgegeben“, darf der Staat weder grund- noch maßlos in das Selbstbestimmungsrecht und die Gestaltungsfreiheit des Menschen eingreifen.

Im Bereich des Betreuungsrechts achtet der Gesetzgeber diesen Primat der Selbstbestimmung und der Gestaltungsfreiheit. Denn ein Eingriff in die Freiheit des erwachsenen Menschen durch die Anordnung einer Betreuung darf nur dann erfolgen, wenn ein solcher Eingriff erforderlich ist.

Hat der betroffene Mensch schon selbst durch eine Bevollmächtigung vorgesorgt, dann ist zunächst diese Vorsorgevollmacht zu berücksichtigen.

Die Vorsorgevollmacht ist Ausdruck der Selbstbestimmung und des eigenen Gestaltungswillens des betroffenen Menschen und geht grundsätzlich dem staatlichen Eingriff vor. Mit anderen Worten, die Bestellung eines rechtlichen Betreuers ist bei Vorliegen einer Vorsorgevollmacht nur dann und nur soweit erlaubt, als die Angelegenheiten des betroffenen Menschen durch einen Bevollmächtigten nicht ebenso gut besorgt werden können. Die Juristen sagen dazu: Eine Vorsorgevollmacht steht der Bestellung eines Betreuers grundsätzlich entgegen.

Damit stellen sich in der Praxis, das heißt im Einzelfall, unter anderem folgende Fragen:

– Gibt es eine Bevollmächtigung?

– Welchen Umfang hat die Bevollmächtigung? Ist der Bevollmächtigte berechtigt, die betreffenden Angelegenheiten zu regeln?

– Ist die Bevollmächtigung rechtswirksam? War der betroffene Mensch bei der Erklärung der Vollmacht geschäftsfähig?

– Ist der Bevollmächtigte geeignet, die Angelegenheiten des betroffenen Menschen zu besorgen?

– Ist der Bevollmächtigte redlich? Missbraucht er seine Vollmacht?

Solche Fragen hat letztendlich das Betreuungsgericht zu stellen und darüber zu entscheiden. Liegen dabei sozusagen noch nicht alle Fakten auf dem Tisch, dann hat das Betreuungsgericht von Amts wegen zu ermitteln. Bevor es – trotz Vorliegens einer Bevollmächtigung – eine Betreuung einrichtet, hat das Betreuungsgericht also den Sachverhalt zu ermitteln.